– Kurzausflug in den südlichen Donnersbergkreis –

Unser heutiger Ausflugstipp erinnert – gaaaaanz entfernt – an die Abendteuer, die der Afrikaforscher David Livingstone in der Mitte des 19. Jahrhunderts auf der Suche nach den Quellen des Nils bestehen musste. Während sich der Schotte in Zentralafrika mit streitbaren Eingeborenen, stechwütigen Moskitos und der totalen Unkenntnis der Topografie des von ihm erforschten Gebiets herumschlagen musste, liegen die heutigen Schwierigkeiten, die dem Wanderer begegnen, mehr bei uneinsichtigen Mountainbike-Radlern, stechwütigen Moskitos und dem totalen durcheinander, dass aktuelle und längst überholte Wanderwegemarkierungen verursachen.
Und während Livingstone vergeblich versuchte, die Quellen des längsten Flusses der Erde zu entdecken, wissen wir heute durchaus, wo sich die Quelle der Pfrimm befindet, wurde diese doch Mitte der 1920er Jahre gefasst und mit einem sogenannten Ritterstein versehen, wie sie sich an vielen markanten Stellen im Pfälzerwald befinden und auf bemerkenswerte Orte hinweisen.
Vorsorglich haben wir uns vor unserer Wanderung auch mit Kartenmaterial aus dem Internet versorgt, ohne das wir als Ortsunkundige in diesem Bereich des Pfälzerwalds ziemlich aufgeschmissen wären, denn eine Beschilderung findet sich selbst auf dem direkten Zuweg nicht; und das mit Sternen, Kreuzen, Zahlen und farbigen Balken markierte Wanderwegenetz des Pfälzerwalds zeichnet sich in der Regel dadurch aus, dass genau dort, wo man einen Hinweis auf die Wegführung benötigt, nämlich an Abzweigungen und Kreuzungen, keine oder keine eindeutigen Markierungen zu finden sind – also wird streng nach (ausgedruckter) Karte marschiert.
Startpunkt ist am großzügig angelegten und vorzüglich ausgeschilderten Wanderparkplatz an der Landstraße 393 zwischen Neuhemsbach und Sippersfeld. Das Waldgebiet, das die nordöstliche Grenze des Naturparks Pfälzerwald markiert, nennt sich Stumpfwald und wird erstmals in einer Urkunde aus dem Jahr 765 erwähnt. Zur geschichtlichen Besonderheit dieses Waldes zählt, dass er sich seit dieser Zeit niemals im Besitz von adeligen oder geistigen Herrschaften befand sondern bis heute Gemeineigentum von 14 Dörfern ist, die in der Vergangenheit in dem Wald unter anderem kostenlos Bauholz und ihr Vieh darin weiden durften. Um dieses Recht wurde über die Jahrhunderte übrigens vielfach vor Gericht gestritten, zuletzt obsiegte in einem Rechtsstreit der nach dem Zweiten Weltkrieg gegründete Zweckverband der am Stumpfwald berechtigten Gemeinden und erstritt 1989 vom Land Rheinland-Pfalz die Herausgabe von Walderträgen in Höhe von 420.000 Mark.
Wir bewegen uns also durchaus auf historischem Waldboden, auch wenn die Wege in erster Linie geschottert sind sind deshalb insbesondere von Radlern stark heimgesucht werden – die hohe Zahl der Biker mag unter anderem auch daran liegen, was wir die Gegen an einem Sonntagnachmittag bewandern, der sich durch schönstes Spätsommerwetter auszeichnet.
Vom Parkplatz geht es zunächst nach Süden und wir lassen ganz bewusst den ebenfalls gut frequentierten Weg hin zur Retzberghütte bewusst an der ersten Abzweigung links liegen. Über einen sehr gut ausgebauten Wirtschaftsweg geht es leicht bergauf, bis wir nach etwa einem halben Kilometer auf einen Hauptweg treffen, dem wir nach links folgen. Je weiter wir uns vom Wanderparkplatz und der Retzberghütte entfernen, je mehr bleibt die Hauptmasse der Spaziergänger an diesem Sonntag zurück, bis wir irgendwann den Wald quasi solo genießen können – ausgenommen jene Momente, an denen Mountainbiker oft ohne Vorwarnung von hinten kommend an uns vorbeischießen. Dies kommt leider auf der rund zweistündigen weil sehr gemütlich angegangenen Wanderung wiederholt vor, was den Gesamteindruck des Ausflugs etwas eintrübt.
Nach einer weit geschwungenen S-Kurve erreichen wir nach rund 1,5 Kilometern übrigens schon den höchsten Punkt des Wanderwegs, der über weite Strecken recht eben verläuft und auch mit einem Kinder- oder Bollerwagen sehr gut begangenen werden kann. Nach einem weiteren knappen Kilometer nähern wir uns einem von drei Seiten von Höhenzügen eingerahmten Tal und dem Naturschutzgebiet „Sippersfelder Weiher“, das die eigentliche Quellgegend der Pfrimm ist. Nach einem weiteren Schwenk auf einen nach links abzweigenden Weg kommen wir uns schließlich nach etwa drei Kilometern an die Pfrimmquelle, an der sich eine kleine Sitzgruppe befindet, die an warmen Sommertagen sicherlich zu einer Pause einlädt, sich bei unserer Wanderung jedoch als Heimstätte einer großen Schar Stechmücken präsentiert, die begierig auf ihre Opfer in Form von müden Wanderern warten. Deshalb machen wir auch nur einen kurzen Fotostopp und wandern am ersten einer Reihe von vier Weihern vorbei, zu denen man die Pfrimm bereits kurz nach ihrem Ursprung aufgestaut hat. Über einen künstlichen Damm, der den ersten Weiher aufstaut, geht es nun recht schnell in Richtung Retzbergweiher mit der gleichnamigen Hütte, die an diesem Sonntag leider geschlossen ist, ansonsten aber eine schöne Abschlussmöglichkeit für einen netten Sonntagsnachmittagsausflug bietet – ohne große sportliche Ambitionen, aber mit etwas Abendteuerfeeling, wenn man ohne Karte losmaschiert.
Die Pfrimm, die sich durch die Nordostpfalz und später durch das südliche Rheinhessen schlängelt, mündet übrigens nach knappen 50 Kilometern bei Worms in den Rhein – der Nil hat es von seiner Quelle bis zur Mündung ins Mittelmeer etwas länger, nämlich rund 6650 Kilometer. (red)

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