– Unser Ausflugstipp: Auch im Herbst durchaus lohnend –

Unser heutiger Ausflugstipp ist von besonderer Natur. Dieses Mal sind wir nicht auf Schusters Rappen in der Region oder in den Tiefen de Pfälzerwalds unterwegs, dafür wird das Sitzfleisch deutlich mehr gefordert, obwohl man sich auch dabei eine frische Priese um die Nase wehen lassen kann. Wir erkunden einen Teil der Kulturlandschaft Oberes Mittelrheinthal, die am 27. Juni 2002 in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen wurde und damit so etwas wie ein Adelsprädikat in Sachen Ausflugszielen trägt, wobei der Adel im Mittelrheintal auch in anderer Hinsicht eine nicht ganz unbedeutende Rolle spielt.
Da eine gewisse „Entschleunigung“ zumindest bei Freizeitaktivitäten derzeit hoch im Kurs steht, nutzen wir als Mittel der Erkundung dieses außergewöhnlichen Landstrichs weder Auto, noch Fahrrad oder Zug, sondern ein Schiff. Genauer haben wir uns für eine Rundfahrt mit der Bingen-Rüdesheimer Schiffahrtsgesellschaft mbH entschieden. Start und Ziel ist Bingen, zum einen, da es mit dem Auto nach rund einer Stunde gut erreichbar ist, zum anderen deshalb, weil in Bingen die Fahrgastschiffe gleich mehrerer großer Anbieter an- und ablegen und dadurch eine recht große Auswahl an möglichen Touren herrscht.
Die von uns gewählte Reederei beispielsweise bietet in der Hauptreisezeit, die von April bis Anfang November geht, mehrere Themen- und Linienfahrten an, mit unterschiedlichen Fahrdauern und unterschiedlichen Zielen. Zudem ist es bei nahezu allen Anbietern auch möglich, nur einen Teil der Strecke mit dem Schiff zurückzulegen und die Rückreise per Bahn anzutreten. Wir Entschieden uns nach einer ersten Kurzetappe am heißesten Tag dieses Jahres, bei der wir quasi Seeluft gewittert haben, am vorletzten Oktobertag für die längste Tour, die von Bingen bis nach St. Goar und wieder zurück führt. Viereinhalbstunden braucht das Schiff, das den passenden Namen „Vater Rhein“ trug, für die insgesamt knapp 50 Kilometer, deren einfache Strecke man mit der Regionalbahn in 21 Minuten zurücklegt – wenn das mal keine Entschleunigung ist.
Wer glaubt, die 270 Minuten reine Reisezeit zögen sich in die Länge, täuscht sich gewaltig, denn unterwegs gibt es unzählige optische Höhepunkte, allen voran der Loreley-Felsen, der der Rundtour auch ihren Namen gibt. Nicht ohne Grund haben die natürliche Schönheit des tiefen Taleinschnitts, den der Rhein in zigtausenden Jahren in das Schiefergebirge gegraben hat, sowie die durch den Menschen erzeugten „Zugaben“ wie die zahlreichen Burgen, die Weinbergs-Terrassen mit teilweise spektakulären Steillagen sowie die Städte und Dörfer entlang des Rheins, die einen ganz eigenen Charakter aufweisen, die Region zu einem der frühesten touristischen „Hotspots“ in Deutschland werden lassen. So ist der Ausdruck „Rheinromantik“ auf der ganzen Welt ein Begriff und beschert dem Mittelrheintal Touristenströme aus aller Herren Länder. Dabei lassen sich nicht nur „älteren Semester“ dazu verleiten, per Schiff in der Rheinromantik zu schwelgen, waren doch auffallend viele junge Menschen Gäste der „Vater Rhein“ an einem der letzten schönen Oktobertage in diesem Jahr. Ohnehin ist der Herbst durch die Färbung des Laubs an den Reben auch im Mittelrheintal eine besonders schöne und lohnende Reisezeit, die offensichtlich alle Generationen in ihren Bann zeiht.
Unser Tipp: Neben einer Kamera für die Erinnerungsfotos (oder halt einem Smartphone, wenns unbedingt sein muss) erschießt einem ein Fernglas so manches Detail, nicht nur an den vielen Burgen sondern auch und gerade in den Weinbergen. Unterwegs gibt’s per Lautsprecher zudem allerhand Informationen zu den Sehenswürdigkeiten, an denen man vorbei kommt. Dabei lernt man unter anderem, dass die meisten Burgen im zwölften Jahrhundert errichtet wurden, spätestens im Pfälzischen Erbfolgekrieg im Jahr 1689 zerstört und Ende des 19. Jahrhunderts im Zuge der Rheinromantik wieder aufgebaut wurden. Besonders hervorgetan hat sich dabei das preußische Königshaus, dessen Könige und Prinzen mit viel Leidenschaft und wenig Rücksicht auf die ursprüngliche Bausubstanz zahlreiche Burgen in regelrechte Märchenschlösser verwandelt haben.
Nicht wirklich günstig aber durchaus noch erträglich ist das gastronomische Angebot auf den Schiffen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Crew nichts dagegen hat, wenn man sich seinen Imbiss in Form belegter Brote selbst mitbringt – dafür kann man ja beim Kellner einen Kaffee oder einen Wein bestellen, der an den Hängen gewachsen ist, da man mit dem Schiff passiert.
So eine Schifffahrt ist natürlich dann besonders reizvoll, wenn man die Umgebung bei schönem Wetter und angenehmen Temperaturen vom Oberdeck aus genießen kann, was natürlich spätestens dann sein Ende findet, wenn es richtig Herbst geworden ist. Deshalb endet die Hauptsaison bei der „Bingen-Rüdesheimer“ auch Anfang November, was allerdings nicht bedeutet, dass über Winter keine Fahrgastschiffe mehr auf dem Rhein unterwegs sind. So wird werktags ein Mal täglich eine Tour von Rüdesheim oder Bingen bis Lorch und zurück angeboten, jeweils ab 13.45 Uhr in Bingen, samstags und sonntags sind sogar drei Touren im Angebot, die in Bingen um 12.34, 13.45 und 16.30 Uhr starten.
Die anderen großen Schifffahrtsgesellschaften haben Ähnliches im Angebot, das Internet gibt Auskunft. (Von Jürgen Link)

 

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