– Von Wolfgang Feth – 

Lieber Gerd Oberinger, es ist gut zehn Jahre her, dass ich dich kennengelernt habe. Auf meinem politischen 24 Stunden Marathon wolltest du wissen, ob ich durchhalte. So haben wir uns kennengelernt. Du warst ein Frühaufsteher, ich war ein Frühaufsteher und so haben wir uns immer ganz früh im Autohof zum Gespräch getroffen. Es gab kein Thema, dass wir nicht gestreift haben. Und natürlich hast du von deiner Vergangenheit erzählt. Von deinen Eltern, von deiner Geburtsstadt Saarbrücken, von deinem Werdegang als Mitarbeiter des Finanzamtes und dann die Umschulung zum Lehrer und schließlich zum Sonderlehrer. Und es wurde nie langweilig, dir zuzuhören. Als wie wenn du eine Geschichte aus einem Roman vorlesen würdest, so konntest du erzählen und dein Gegenüber fesseln.
Die Politik durfte natürlich nicht fehlen. Es war klar, dass du SPD Mitglied bist und bis zu deinem Lebensende geblieben bist, aber mit der aktuellen politischen Lage hast du schon ein bisschen gehadert. Aber auch hier durften die vergangenen Zeiten nicht fehlen. Es war halt früher eine ganz andere Zeit, die Nähe zwischen den oberen und unteren war eine ganz andere wie heute.
Wir haben schon mal heftig diskutiert, aber Streit gab es niemals.
Corona hat uns dann mit unseren Treffen einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Der Autohof war zu und Treffen zu Hause nicht erlaubt. Wir sind dann ein bisschen spazieren gegangen, aber dies war kein so richtiger Ersatz.
Später habe ich dich auch manchmal zu Hause besucht. Im Erdgeschoss deines Anwesens hattest du ein großes Arbeitszimmer, in das man auch von der Terrasse gelangen konnte. Ganz einfach, wie so vieles scheinbar bei dir gewesen ist.
Häufig hast du von deiner Enkelin gesprochen Nein, es war kein sprechen, sondern vielmehr ein schwärmen. Von vielen Stationen der Enkelin hast du erzählt, und der Stolz des Großvaters war an allen Ecken und Enden zu spüren, sie war Dein Sonnenschein.

Gerd, du warst ein Freund und jetzt bist du gegangen.

Zurzeit beschäftige ich mich mit einem Lied von Rammstein, dessen Vers ich dir vorsingen möchte:

Adieu, Goodbye, auf Wiedersehen
den letzten Weg musst du alleine gehen
ein letztes Lied, ein letzter Kuss
kein Wunder wird geschehen
Adieu, Goodbye, auf Wiedersehen
die Zeit mit dir war schön.

 

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